Sonntag, 9. Dezember 2012

Warum ich trotzdem niemandem einen Korb gebe


Geschenkkörbe für Weihnachten? Lieber nicht!



Obwohl ich während meiner Reise durch die Tiefen der virtuellen Konsumkosmos auf die unglaublichsten Geschenkkörbe gestoßen bin, zum Beispiel

  • die verlockenden Körbe des toskanischen Bio-Landguts Fattoria La Vialla mit ihrem Pasta-Flair
  • die entstaubten, von Herzen ausgesuchten und mit viel Liebe dekorierten Geschenkkörbe der Exilsteirerin Karin Rosenberger
  • die echt fetten, monothematischen Arrangements aus der Tiroler Speckheimat
  • die schicken und statusbewussten Kompositionen des Wiener Gourmet-Platzhirschen Julius Meinl am Graben
  • die authentisch steirischen Variationen des Grazer Feinkosttempels Frankowitsch
  • einen erstaunlicherweise mit handgeschöpfter Schokolade und wunderbarem Vulcano-Schinken befüllten Hundegeschenkkorb
  • und obwohl zum Beispiel die mit großer Sachkenntnis und feinem Geschmackssinn inszenierten Geschenkkörbe meines Greißler- und Spezialitätenerzeugerfreundes "Meislmichl" Erich Falschegger mein Herz mit Freude erfüllen
  • und obwohl ich der Überzeugung bin, dass es heute mehr den je "salonfähig" ist, seinen sogenannten Lieben und Liebsten kulinarische Köstlichkeiten zu schenken,
habe ich mich auch heuer wieder dazu entschlossen, niemandem einen Korb zu geben. Warum?

Hier ein paar lose aneinandergereihte Gründe für meine Entscheidung:
  • Das größte Problem an den Geschenkkörben sind die Körbe selbst. Sie lassen, wie bereits Eingangs dieser Serie erwähnt, gut gemeinte und letzten Endes wahrscheinlich in der Tat köstliche Geschenke als feierliche Inszenierungen von durschnittlichen Lebensmitteleinkäufen bzw. luxuriöse Varianten von Survival-Rationen erscheinen. Mich befriedigt das weder als Schenkender noch als Beschenkter.
  • In einigen der Körbe würde man eher Schmutzwäsche vermuten als eine Auswahl der köstlichsten Spezialitäten.
  • Der Einkaufkorb verkörpert in meinen Augen nichts Sinnliches, er ist ein historisches Hausarbeitsgerät und nichts rechtfertigt eine Überhöhung zu einem kulinarischen Kultgegenstand.
  • Generell erinnern mich Geschenkkörbe an Jubilarsehrungen, runde Geburtstage 80plus und Firmenpräsente. Der achtbare Versuch, sie zu entstauben, ist für meinen Geschmack letzten Endes zum Scheitern verurteilt.
  • Die immer von der Beliebigkeit bedrohte Auswahl der Geschenkkörbe droht das Banale, das Alltägliche an den Lebensmitteln hervorzukehren und sie tendenziell auf den bloßen Waren-, Gebrauchs- und Versorgungswert, und sei es den  von luxuriösen Waren, zu reduzieren. Verloren geht dabei die durchaus auf einer Sehnsuchtsebene angesiedelte Aura von Authentizät, die vor allem regionalen Spezialitäten in den letzten Jahren vermehrt zuteil wurde. In der Verallgemeinerung, die dem Korb unweigerlich anhaftet, verliert sich das Besondere. Und so vermögen diese in Geschenkkörben versammelten Erzeugnisse, mögen sie noch so gut schmecken, ihr Versprechen kaum jemals in vollem Umfang einzulösen. Schade.
  • Tendenziell droht in den Körben die Quantität der Qualität den Rang abzulaufen.
  • Wohl kaum zu verhindern und auch nur menschlich, dass die Auswahl der Erzeugnisse nicht so sehr von tiefer persönlicher Überzeugung getragen ist, sondern großteils einer Logik des Profits folgt.
  • Kaum zu übersehen auch, dass sich die Versicherung einer "individuellen" Auswahl bei genauerer Betrachtung nicht selten als Lippenbekenntnis erweist.
  • Und droht nicht auch die Geschichte von Ursprung und Entstehung, die heute jedes große regionale Genusslebensmittel begleitet, im bunten Potpourri des Korbes von den vielen anderen Stimmen übertönt zu werden?
  • Uns alle - Schenkende wie Beschenkte - begleitet eine einzigartige und prägende Geschichte des Umgangs und der Erfahrungen mit Lebensmitteln. In den vorgefertigten Geschenkkorb - und mag er sich noch so "individuell" geben - hat diese Geschichte keinen Eingang gefunden.
  • Hat man nicht bisweilen den Eindruck, dass einem diese Geschenkkörbe ihr Genusskonzept mit der Holzhammermethode auf den Gaumen drücken wollen?
  • In einer Überflusskonsumgesellschaft wird die konzentrierte Reduktion zum schöpferischen Akt, nicht die eklektische Großzügigkeit.
  • Den wenigsten Anbietern gelingt es, ihren Körben eine höhere Dringlichkeit zu verleihen. Die meisten verharren im Stadium der Dekoration.
Mein persönliches Resümee: Geschenkkörbe nein, aber grundsätzlich ist Kulinarik schenken aktueller denn je. Und dieser Trend wird sich nicht nur fortsetzen, sondern noch eine beträchtliche Steigerung erfahren. Das Mindeste: Die Sachen müssen raus aus dem Korb. Außerdem: Weniger ist mehr. Daher: Konzentration aufs Wesentliche. Persönliche Aussagekraft durch persönliche Auswahl!

Demnächst hier meine persönlichen Top 10 steirischen Kulinarikgeschenke.

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